Strategie August 2022
Wie von uns erwartet, verläuft der Einstieg in die für ihre Volatilität bekannten Sommermonate relativ ruhig. Die Aktienpreise haben sich erholt und damit hat sich auch eine Entspannung in der Stimmung der Anleger eingestellt. Es wäre jedoch gefährlich, sich von dieser Entwicklung einlullen zu lassen. Der Sommer wird noch heißer.
Strategische Einschätzung
In der Strategie fließen mittelfristige Indikatoren ein, deren Veränderungen einen Prognosezeitraum von 6-9 Monaten abdecken. Wir betrachten hierbei die Ebenen Makro (Konjunktur), Risikoradar, Saisonalität sowie Marktbreite / technische Faktoren.
Makro: Die Vorzeichen für die Aktienmärkte bleiben aus Makro-Sicht bescheiden. Die konjunkturelle Lage wird auch im August von den sentix Anlegern überwiegend als schlecht beurteilt. Für Deutschland messen wir einen erneuten Rückgang auf den tiefsten Wert seit Mai 2020. Es geht der Wirtschaft also so schlecht, wie nach dem ersten Corona-Lockdown! Was noch mehr beunruhigt, sind die ungebrochen negativen Erwartungswerte. Die Anleger erwarten in den nächsten Monaten keine Verbesserung - sondern eine weitere Verschlechterung. Eine Rezession mit Ansage!
Hintergrund ist die besorgniserregende Entwicklung auf dem deutschen Gasmarkt. Neuesten Berechnungen der Bundesnetzagentur zur Folge scheint es nahezu ausgeschlossen, dass Deutschland ohne Gas-Rationierung durch den Winter kommen wird. Das belastet nicht nur die deutsche Wirtschaft und die deutschen Verbraucher, sondern wird europaweit zu spüren sein.
Global betrachtet gibt es ebenfalls keine absehbare Trendwende. Zwar haben sich die US-Konjunkturdaten etwas verbessert. Dies dürfte jedoch nur dazu führen, dass die USA relativ gesehen besser durch die Konjunkturschwäche kommt. Immerhin sind die USA technisch gesehen bereits in einer Rezession.
Für die Aktienmärkte bedeutet dies das Risiko negativer Renditen, denn Aktien weisen im Abschwung und der Rezession statistisch gesehen die schwächsten Renditen aus. Besser sieht es dagegen für Anleihen aus, die üblicherweise in einer Rezession positiv performen. Allerdings weht den Bonds nach wie vor thematisch ein heftiger Wind ins Gesicht. Vor allem die Inflation wird sich nicht nachhaltig von allein zurückbilden. Zwar erwarten wir eine Entlastung von den Metall- und Ölpreisen, die konjunkturbedingt ihren Zenit durchschritten haben dürften. Wesentliche Zweitrundeneffekte aus den nur sukzessive bei den Verbrauchern aufschlagenden Energiekosten stehen aber noch aus. Offen ist auch, ob sich die Gewerkschaften mit (zu) hohen Lohnforderungen durchsetzen können und damit den Grundstein für eine Preis-Lohn-Preis-Spirale legen. Denn die Arbeitsmärkte bleiben bislang erstaunlich stabil - ein Zeichen dafür, dass der demografische Wandel samt absehbarem Fachkräftemangel nun zu einer prägenden Realität der 2020er Jahre werden dürfte.
Apropos Rohstoffe: für Gold ergeben sich u.E. Chancen aus dem aktuellen Konjunkturbild, vor allem aus der in den letzten Monaten zunehmenden Divergenz zwischen steigenden negativen Realrenditen und fallendem Goldpreis. Hier scheint die Korrektur zu weit gegangen zu sein.
Einen vollständigen Report zum sentix Konjunkturindex können Sie hier abrufen
Das sentix Risikoradar (s. Grafik 1) signalisierte in den letzten Monaten Chancen bei Aktien und Bonds. Beide Anlageklassen haben zuletzt positive Renditen abgeliefert. Dadurch sind die Chancenpotentiale weitgehend abgearbeitet worden. Zwar sind durch die Kursverbesserungen keine neuen Risiken entstanden, die stützende Wirkung aus dem Risikoradar ist aber entfallen, so dass sich beispielsweise Makrobelastungen leichter durchsetzen können.
Gewisse Chancen ergeben sich noch für US-Bonds, EUR-USD und das Rohöl sowie den Yen.
Unter saisonalen Aspekten geraten die Aktien zunehmend in unruhiges Fahrwasser. August und September gelten als volatile Monate, die oftmals Sommer-Gewitter an den Aktienmärkten verursachen. In diesem Jahr erwarteten wir jedoch einen vergleichsweise ruhigen August-Verlauf, der sich bislang auch so eingestellt hat. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer insgesamt ruhigen Sommerphase. Der September und der Oktober werden von uns in diesem Jahr als besonders kritische Monate betrachtet.
Dies ergibt sich zum einen aus dem "Fahrplan" der absehbaren Gasmangel-Lage, aber auch aus dem Umstand, dass 2022 ein "Zwischenwahl-Jahr" ist. Im November finden in den USA Zwischenwahl zum Repräsentantenhaus statt. Und in solchen Jahren sind die genannten Monate in der Regel korrekturanfällig.
Anleihen sind dagegen zumindest bis in den September hinein saisonal unterstützt, ebenso der Euro und auch die Edelmetall-Märkte.
Taktische Signale
Über das Sentiment und den Strategischen Bias erhalten wir kurzfristige Signale für die Märkte. Diese decken einen Prognosezeitraum von 6-12 Wochen ab und werden modell-orientiert bewertet.
Noch signalisieren die Modelle eine positive Lage. Doch ein Blick auf den Time Differential Index (Zeitdifferenz-Index) für den deutschen Aktienmarkt zeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Modelle wieder eine neutrale bzw. negative Haltung empfehlen. Denn die Stimmungswerte für Aktien verbessern sich und das strategische Grundvertrauen bleibt schwach. In Summe steigt der TD-Index (siehe Grafik oben) an und erreicht bereits Höhen, die in der Vergangenheit mit dem Ende von Kursaufschwungsphasen einher ging.
Im Bondbereich messen wir ebenfalls einen Rückgang im strategischen Grundvertrauen, was bereits zu einer Quotenanpassung im Fonds führte. Wir gehen allerdings davon aus, dass dies nur temporär sein wird.
Bei Edelmetallen sind die taktischen Modelle aufgrund der Bias-Verbesserung wieder long. Und im Währungsbereich bleibt es bei den Signalen, die auf eine US-Dollar-Schwäche hinweisen.
Zusammenfassung
Die Vorzeichen stehen weiter auf eine heiße Sommerperiode. Die Phase der relativen Ruhe und der Kurserholungen sollte auslaufen und das nach wie vor belastende Makro-Bild stärker in den Mittelpunkt rücken. Wir gehen von einem schwierigeren Aktienumfeld in den nächsten Wochen aus. Bonds versprechen hier zwar prinzipiell ein entlastendes Moment, allerdings haben wir aktuell das Problem, dass die Anleihemärkte thematisch weiter durch die Inflation - und die restriktive Haltung der Notenbanken darauf - belastet bleiben.
Wir setzen unverändert auf die Edelmetallmärkte, um unsere Portfolien zu diversifizieren. Vor allem Gold ist inzwischen wieder attraktiv und auch die taktischen Sentimentmodelle geben wieder Kaufsignale.
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