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Strategie Oktober 2022

Gibt es noch eine Hoffnung für die Besitzer von Anleihen? Der Zinsauftrieb des Jahres 2022 hat in den letzten Wochen an Fahrt nochmals aufgenommen. Erste Panikreaktionen deuten auf eine Übertreibung hin. Und welche Bedeutung hat der Ausgang der italienischen Parlamentswahlen. Ach ja: bei Aktien hat die beste Zeit des Jahres begonnen. Auch das ein Thema für die Strategie des Monats.

Strategische Einschätzung

In die Strategie fließen mittelfristige Indikatoren ein, deren Veränderungen einen Prognosezeitraum von 6-9 Monaten abdecken. Wir betrachten hierbei die Ebenen Makro (Konjunktur), Risikoradar, Saisonalität sowie Marktbreite / technische Faktoren.

Makro: Von der Makroseite gibt es keinerlei Lichtblicke zu vermelden. Die Konjunktur befindet sich weltweit im Rückwärtsgang. Konjunktur-Lage- und Erwartungswerte sinken, besonders deutlich in Euroland. Der einstige Musterknabe Deutschland verkommt zu einem energiepolitischen Entwicklungsland, in dem Bürger und Firmen mit rationiertem Energieangebot klarkommen müssen. Wenn sie es denn bezahlen können. Denn nicht nur die Verfügbarkeit ist eingeschränkt, sondern das Angebot kann auch nicht zu adäquaten Preisen bereitgestellt werden.

Die angespannte Lage auf den Energiemärkten sowie die Unsicherheiten über eine weitere Eskalation des militärischen Konfliktes in der Ukraine untergraben nicht nur das Vertrauen der Wirtschaftsakteure. Über den Mechanismus steigender Zinsen sowie einer eingeschränkten Liquidität wächst auch von Tag zu Tag die Gefahr, dass bleibende Schäden angerichtet werden. Deutliche Spuren sind bereits in der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie einzelnen Handelsbereichen erkennbar. Beispielsweise ist die sog. "housing affordability", also die Fähigkeit ein neues Haus zu kaufen bzw. zu finanzieren, in den USA noch nie so schnell und stark zurückgegangen wie im Jahr 2022. Der Zinsanstieg im Jahr 2022 hat gemäß dieses Index eine negativere Auswirkung, als sie im Jahr 2006 zu messen war. Damals folgte eine schwere Immobilienkrise.

Aber auch hierzulande gibt es entsprechende Beispiele, wie der Absturz der Aktie des Immobilienfinanzierers Hypoport zum Beispiel belegt.

Was die aktuelle Lage so schwierig macht ist, dass es kein wirkliches Licht am Ende des Tunnels gibt. Ein solches wäre beispielsweise von den Kriegsparteien in der Ukraine zu senden. Oder von den Notenbanken, die mit großzügigen Finanzierungsbedingungen in früheren Abschwungphasen die Risikomärkte unterstützte. Die Inflationsraten, die zuletzt sogar zweistellig in Deutschland waren, machen solchen Hoffnungen ebenso einen Strich durch die Rechnung, wie die jüngsten geopolitischen Horrornachrichten (z.B. Anschlag auf die Nordstream-Pipelines etc.).

"Aus der Makro-Sicht gibt es derzeit kein Licht am Ende des Tunnels", Manfred Hübner (sentix) Click to Tweet

Einige Marktbeobachter bemerken die Stabilität der Arbeitsmärkte im aktuellen Abschwung und schließen daraus, dass die negativen Erwartungen womöglich überzogen sind. Dem möchten wir entgegnen, dass aufgrund der immensen geldpolitischen Impulse zu Beginn der Corona-Krise ein enormer Geldüberhang in der Wirtschaft geschaffen wurde. Zudem konnten viele Unternehmen am Anfang der stark steigenden Inflationsraten durch zeitnahe Preisanpassungen ihre Gewinnmargen halten oder sogar in Einzelfällen ausbauen. Mit zunehmender Dauer der Energiekrise laufen jedoch nicht nur bei Verbrauchern und Unternehmern alte Preisbindungen aus, was die finanziellen Spielräume einengt. Von Tag zu Tag steigt der Anteil der Marktakteure, die die Kosten nicht mehr tragen können und als Unternehmer aus dem Wettbewerb ausscheiden, oder als Verbraucher ihren Konsum nachhaltig einschränken müssen.

Die Krise schleicht sich demnach langsam an, ist aber vermutlich in ihrer Persistenz wesentlich hartnäckiger als frühere Abschwünge / Rezessionen, wenn sie sich einmal eingenistet hat. Diese Gefahr wird u.E. derzeit vom Markt eher noch unterschätzt.

"Die Krise kommt langsam, könnte sich aber als hartnäckig erweisen. Das wird vom Markt unterschätzt.", Manfred Hübner (sentix) Click to Tweet

Für die Assetklassen ergibt sich aus den neuesten Daten der sentix-Konjunkturindizes keine wesentliche Änderung. Aktien bleiben in einem Umfeld einer heraufziehenden Rezession anfällig. Mehr als taktische Zwischenerholungen sind in einem solchen Makroumfeld unwahrscheinich. Für Bonds dagegen werden die Makro-Vektoren immer positiver. Zinsen von 4% in den USA oder UK sind zwar nicht unbedingt als Inflationsausgleich ausreichend. Sie sind aber inzwischen eine ernsthafte Konkurrenz zu Aktien, die beispielsweise in den USA weniger als 2% Dividendenrendite im Durchschnitt abwerfen. Unternehmensanleihen bringen es auf 4% (Euroland, Investment-Grade) bis knapp 10% (USA, Hochzinsanleihen). Anleger sollten demnach ihren Anlagefokus durchaus wieder in Richtung Anleihemärkte weiten.

Die Edelmetall-Märkte leiden unter dieser verbesserten Zinskonkurrenz. Allerdings gibt es einen zweiten Aspekt, der Gold und Co. helfen könnte und der bislang noch nicht im Fokus stand. Und dies betrifft die Finanzmarktstabilität. Auch diese dürfte mit anhaltender Abschwungdynamik in der Realwirtschaft mehr und mehr zum Thema werden. Die Gefahr, dass Makrorisiken auch in den Bankbilanzen auftauchen, wächst ebenfalls aktuell. Edelmetalle bieten hier einen Schutz als Geldersatz außerhalb des Finanzsystems. Für uns bleiben Edelmetalle deshalb ein unverzichtbarer Portfoliobestandteil zur Risikobegrenzung - auch ergänzt nun wieder um Zinsanlagen.

Einen vollständigen Report zum sentix Konjunkturindex können Sie hier abrufen

Das sentix Risikoradar (s. Grafik 1) zeigt gegenüber Anfang September unveränderte Chancen für Aktien an. Diese resultieren weiter hauptsächlich aus einer schlechten Stimmungslage sowie - neu - aus einer erheblichen Untergewichtung institutioneller Anleger. Die besten Score weisen China-Aktien auf. Markttechnisch ist das "Gummiband" dagegen nicht besonders überdehnt. Die Vorzeichen für das vierte Quartal sind dennoch in Summe positiv. Deutlich größere Chancen werden nun wieder bei Anleihen angezeigt.

Die Lage gleicht der aus dem Frühjahr diesen Jahres. Es dauerte zwar ein wenig, bis sich die Chancen in Kursgewinne materialisierten. Aber in Anbetracht von Scores im Bereich von +2 Standardabweichungen sollten scharfe Aufwärtsreaktionen bei Anleihen nicht überraschen. Im Währungsbereich ist es nach wie vor USD-JPY, der über alle Teil-Scores hinweg ein Chance auf eine Yen-Befestigung signalisiert. Bislang steht dem aber eine klare Haltung der Bank of Japan im Weg, die den Zinsauftrieb am langen Ende rigoros unterdrückt und damit die Yen-Talfahrt "in der Hand hat".

Unter saisonalen Aspekten stehen die Aktien vor dem traditionell stärksten Quartal. Von Oktober bis April dauert die starke Hälfte des Jahres. Der genaue Startpunkt variiert, beginnt aber in der Regel ab der Monatsmitte im Oktober. In diesem Jahr gilt der Blick zusätzlich dem US-Präsidentschaftszyklus. 2022 ist ein Zwischenwahljahr, mit Parlamentswahlen im November. Seit April folgt der US-Aktienmarkt sehr genau dem Durchschnittsmuster, wie es der Präsidentschaftszyklus vorgibt. Bleibt es dabei, sollten Aktien ebenfalls starke Wochen vor sich haben.

Bonds und Edelmetalle sind in den letzten Wochen des Jahres per Saldo positiv. Bei Bonds sind die saisonal stärksten Wochen (Juli bis September) aber bereits schon wieder vorbei. Bei den Edelmetallen sind die Monate Januar und Februar deutlich besser als die letzten drei Monate des Jahres.

Taktische Signale

Über das Sentiment und den Strategischen Bias erhalten wir kurzfristige Signale für die Märkte. Diese decken einen Prognosezeitraum von 6-12 Wochen ab und werden modell-orientiert bewertet.

Die Aktienmodelle haben vor 2-3 Wochen moderate positive Signale gesendet. Diese werden nun abgearbeitet. Die Stimmungswerte sind aber noch negativ, so dass es noch eine Weile dauern dürfte, bis die konträren, taktischen Kaufsignale wieder auslaufen. Problematisch ist nach wie vor die Schwäche im strategischen Grundvertrauen. Zwar zeigen die Institutionellen etwas Mut zum antizyklischen Einstieg. In Anbetracht der aktuellen Konjunturskepsis auch dieser Anlegergruppe muss sich aber erst noch erweisen, dass es sich wirklich um eine neue Wertwahrnehmung handelt - und nicht nur um den Versuch, eine taktische Chance "zu rechtfertigen".

Bei Anleihen messen wir eine stetige Verbesserung im mittelfristigen Grundvertrauen. Dies deckt sich mit unserer Einschätzung einer zunehmend attraktiveren Bewertung von Anleihen zu Aktien. Das strategische Pendel schwingt demnach in Richtung der defensiveren Anlageklassen. Dies vollziehen unsere Modelle in entsprechenden Quotenanpassungen nach.

Bei Edelmetalle ist ebenfalls eine Verbesserung im Strategischen Bias festzustellen, so dass hier die Modelle "long" bleiben.

Zusammenfassung

Die vor uns liegenden Wochen dürften erneut nicht einfach werden. Taktische Pro-Signale für Aktien stehen gegen die schwache strategische Lage der Dividendentitel. Zu Bonds liegen sowohl positive Makro-, Risiko- und Modell-Signale vor. Doch noch ist die Inflationsdynamik ungebrochen. Und weder von den Notenbanken noch der Fiskalpolitik kommen derzeit entlastende Impulse. Hier braucht es wirklich starke Nerven, eine hohe Portfolioduration beizubehalten. Das Gummiband bei Bonds ist jedoch stark gedehnt. Als "echter Contrarian" können wir nicht anders, als die Position zu bekräftigen.

"Als echte Contrarians sind wir bei Bonds long!", Patrick Hussy (sentix) Click to Tweet

Bei Edelmetallen und im Währungsbereich haben wir ebenfalls unsere Portfoliopositionen beibehalten.

 

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Wie sich unsere Fonds in diesem Umfeld positionieren und wie die Entwicklung im abgelaufenen Monat war, erfahren Sie je nach Fonds hier:

 

 

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