Strategie August 2020
Die Anleger befinden sich nach wie vor im Zwiespalt: Das Auseinanderlaufen eines haussierenden Aktienmarktes und einer mäßigen Konjunkturerholung schüren enorme Zweifel. Und nun droht da noch eine zweite Corona-Infektionswelle, welche die Situation abermals verschärfen könnte.
Die Bären fühlen sich deshalb bestätigt und wittern in der anstehenden, traditionell schwachen Spätsommerzeit die nächste größere Abwärtswelle an den Börsen. Doch wie soll der Aktienmarkt nachhaltig fallen, wenn eine solch hohe Skepsis bereits jetzt vakant ist? Eine große Überraschung wäre es sicherlich, wenn die Aktienkurse im Sommer einfach weitersteigen würden.
Und dass es so kommen kann, zeigt ein Vergleich der aktuellen Entwicklung zum Börsenjahr 2009: Das Erholungsjahr nach der Finanzkrise liefert eine Reihe von Ähnlichkeiten, sowohl im Preis, als auch im Anlegerverhalten. Was bedeutet das für unsere Anlagestrategie?
Ab August wird es normalerweise turbulent
Der Spätsommer hält oftmals die Börsianer in Atem. Im August beginnt die saisonale Dürreperiode für Dividendenwerte, die Anleger haben großen Respekt davor. Auch heuer sind die Investoren sehr vorsichtig, schließlich droht womöglich eine zweite Infektionswelle, die der Konjunktur und den Aktienindizes eine zweite Abwärtswelle bescheren könnte.
Steigende Infektionszahlen weltweit befördern die alten Ängste vor einem neuen Lockdown. Ein Blick auf die sentix-Konjunkturindizes zeigt, dass die jüngste Erholung in den Konjunkturerwartungen auf wackeligen Füßen steht. Denn die aktuelle Lage erholt sich nur schwach und signalisiert damit einen Wirtschaftszustand, der anhaltend im Rezessions- bzw. Stagnationsmodus dümpelt. Daher sollten Investoren besonders auf die Beurteilung der aktuellen Lage achten, um die Nachhaltigkeit der Konjunkturerholung besser einschätzen zu können. Das nächste, wichtige Signal erhalten wir bereits am 10.08.2020 mit den sentix Konjunkturindizes.
Spannend wird es sein, ob die Lage den vorausgeeilten Konjunkturerwartungen nun folgen kann. Dies wäre enorm wichtig, um den Menschen und Investoren aufzuzeigen, dass ein Stück mehr Wirtschaftsnormalität einkehrt. Um gute Prognosen für die Zukunft zu machen ist es oftmals hilfreich, einen Blick auf die Vergangenheit zu werfen. Wie war es damals am Ende der Finanzkrise? Ab März 2009 begann der große Aktienaufschwung. Prozentual verlief dieser sehr ähnlich wie die Erholung in 2020 (siehe Chart rechts: indexierter Vergleich des S&P 500 in 2009 und 2020).
Die Kurserholung wurde damals auch von enormen Konjunkturzweifel begleitet. Die Lagewerte im sentix Konjunkturindex waren in 2009 ähnlich katastrophal wie heute und trotzdem legten die Aktienmärkte zu. Ab August 2009 setzte dann eine merkliche Entspannung an der Konjunkturfront ein. Die Aktienmärkte stiegen damals einfach weiter - von einem Sommer-Blues war keine Spur. Auch unsere heimischen Aktienmärkte erlebten damals - trotz einer ähnlich impossanten Kursrallye in den Monaten März bis Juli - einen ertragreichen Spätsommer. Fest steht: Gerade institutionelle Anleger haben auch heute noch zu wenig Aktien in ihren Portfolios und sind unterinvestiert.
2009er Pfad würde die Märkte auf dem falschen Fuß überraschen
Betrachtet man die Aktien-Investitionsgrade in früheren Bärenmärkten, dann fällt auf, das Kurserholungen nach einem großen Ausverkauf (wie zuletzt Mitte März 2020) in der Regel mindestens so lange andauern, bis die Unterinvestierungen, die von den Anlegern im Zuge der Baisse aufgebaut werden (müssen), wieder neutralisiert sind. Dies kann zwar binnen eines Monats geschehen, es erfordert aber immer eine Änderung in der "Reputationswahrnehmung".
Damit ist gemeint, dass die Fondsmanager, die immer Angst davor haben, für eine schlechte Entscheidung verantwortlich gemacht zu werden, eine neue Wahrnehmung davon haben, welche Vorwürfe ihnen gemacht werden könnten. Hier kommt die "öffentliche Meinung" ins Spiel. Solange wir nicht in den Mainstream-Medien lesen können, warum es logisch ist, wieder stärker auf Aktien zu setzen, baut sich kein Rechtfertigungsdruck für die professionellen Geldverwalter auf.
Doch die Bären verweisen auf eine die hohe Spekulationsneigung in den USA und die damit einhergehenden Risiken. Immer neue Hochs an der Technologiebörse Nasdaq schüren die Fantasie, dass doch alles eine einmalige Übertreibung sein muss.
Ein Blick auf 2009 und heute ordnet die Bewegung des Nasdaq 100 ein. Kursabschlag und Erholung stehen in einem ähnlichen Verhältnis. Die jüngste Kurs-Bewegung erscheint damit keinesfalls ungewöhnlich oder übertrieben. Wie hoch die Mauer der Angst tatsächlich noch ist, zeigt sich nicht nur in den sentix-Sentimentindizes, die zum Juli-Ultimo erneut auf Werte um -40 Prozentpunkte abgerutscht sind. Auch die Aktien-Volatilität in den USA (VIX-Index) bleibt hoch und führt die enorme Verunsicherung der Anleger vor Augen. Immerhin steht schon bald die US-Präsidentschaftswahl an - mit mehr als ungewissem Ausgang und wahrscheinlich neuen Politik-Kapriolen.
Trotzdem lehrt uns die Vergangenheit: Eine strukturell erhöhte Volatilität muss nicht zwangsläufig mit fallenden Aktienkursen einhergehen. Das Jahr 2009 macht es uns vor.
"Another Brick in the wall"...of worry: Die "Wand der Angst" ist weiter intakt
Pink Floyd Fans fangen da sicher gleich an, das Lied zu summen. Doch welche Konsequenz hat im übertragenen Sinn eine Mauer der Angst an den Börsen? In Summe spricht viel dafür, dass diese "Mauer" uns einen atypischen Sommer beschert. Die "Wand der Angst" wird Reihe für Reihe nach oben gemauert und stresst die Bären.
Zwangsläufig haben unsere Modelle die aktuelle Situation als Chance erkannt, Risiken werden über unser Risikoradar für Aktien nicht angezeigt. Wenn dann noch die August-Daten der Konjunkturindizes positiv überraschen, wäre das ein perfektes Setup für eine überraschende Sommerrallye - entgegen aller Corona-Sorgen.
Damit bleibt bei Aktien der Blick weiter nach oben gerichtet. Im Juli erhöhten wir - nachdem wir im Juni temporär auf der Bremse gestanden haben - die Investitionsquoten in Aktien. Auch wenn die ersten August Tage noch holprig sein können, so stehen Stand heute im August weitere Zukäufe auf dem Plan.
US-Valuta steht unter Druck
Einen großen Treffer haben wir mit unserer Währungseinschätzung gelandet. Die aktuelle Positionierung in unseren Fonds dokumentiert, dass wir von einer anhaltenden Dollarabschwächung ausgehen. Die Gründe bleiben unverändert: Der Zinsvorsprung, der dazu beitrug, dass der US-Dollar eine gesuchte Anlagewährung war, hat sich zu Euroland signifikant verringert. Gleiches gilt für die konjunkturelle Lage beider Wirtschaftsregionen. Der wirtschaftliche Erholungskurs verläuft in den USA deutlich schleppender als in Europa.
Beide Entwicklungen zusammen haben dazu geführt, dass das strategische Grundvertrauen zum US-Dollar schwach bleibt. Der Kursanstieg bei EUR/USD hat jedoch auch das Sentiment angeheizt, sodass die Risiken kurzfristig zugenommen haben. Wir bleiben unverändert auf unserer skizzierten Dollar-Linie, haben aber aus Risiko-Überlegungen die Position um rund ein Drittel reduziert.
Der abschließende Blick auf Anleihen und Gold
An dieser Stelle bleibt es beim Fazit der letzten Monate: wie bevorzugen weiter die Edelmetalle gegenüber Anleihen als diversifizierendes Element in unseren Mischfonds, wenngleich auch hier eine kurzfristige Überhitzung zu diagnostizieren ist. Nebenbei: Auch in 2009 haussierte Gold in den Sommermonaten, trotz steigender Aktienmärkte.
Im Anleihebereich sind wir weiterhin vorsichtig, Bonds bleiben für uns Ballast.
Wie sich unsere Fonds in diesem Umfeld positionieren und wie die Entwicklung im abgelaufenen Monat war, erfahren Sie je nach Fonds hier: