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Strategie November 2022

An den Aktienmärkten ist die saisonal beste Zeit des Jahres angebrochen. Die Periode November bis April steht in der Regel unter positiven Vorzeichen. Wird dies auch in diesem Jahr so sein? Oder sind Bonds die bessere Wahl, nachdem die Zinsen im Jahresverlauf kräftig angestiegen sind? Die Anleger haben die Qual der Wahl. Ebenso die Wählerinnen und Wähler in den USA bei den Zwischenwahlen.

Strategische Einschätzung

In die Strategie fließen mittelfristige Indikatoren ein, deren Veränderungen einen Prognosezeitraum von 6-9 Monaten abdecken. Wir betrachten hierbei die Ebenen Makro (Konjunktur), Risikoradar, Saisonalität sowie Marktbreite / technische Faktoren.

Makro: Die neuesten Daten der sentix Konjunkturindizes für den Monat November brachten eine überraschend deutliche Verbesserung, sowohl bei den Lageeinschätzungen als auch bei den mittelfristigen Erwartungen. Hierin spiegelt sich die Erleichterung sowohl über den in Deutschland gefundenen Kompromiss zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, als auch die vor allem am Spot-Markt sinkenden Preise für Gas und Strom. Die milden Oktober-Temperaturen sowie die Einsparbemühungen von Industrie und Haushalten haben dazu geführt, dass die Gasspeicher "randvoll" sind und damit die Sorgen vor einer Gas-Mangellage im Winter abgenommen haben.

Eine Trendwende können wir in den Daten jedoch noch nicht erkennen. Zum einen reicht ein einmalig steigender Wert im Regelfall ohnehin nicht für eine solche Aussage aus. Zum anderen ist rechnerisch das Thema Gasnotstand aber keineswegs vom Tisch. Dieser ist bei entsprechend schlechtem Winterwetter immer noch möglich. Ob vor allem die privaten Haushalte tatsächlich signifikant einsparen und Fussball-WM oder Weihnachten in kalten Wohnungen verbringen wollen, bleibt abzuwarten.

Auch die Einsparungen der Industrie sind einerseits beachtlich, jedoch nicht allein das Resultat echter Effizienzgewinne oder niedriger beheizter Räume und Hallen. Weit gewichtiger dürften echte Produktionskürzungen und Betriebsstillegungen sein - und diese sollten die konjunkturelle Dynamik eher belasten, da sich Folgewirkungen ergeben werden.

"Für eine Entwarnung bei der Konjunkturentwicklung ist es noch zu früh", Manfred Hübner (sentix) Click to Tweet

Auch aus monetärer Sicht bleiben die Vorzeichen negativ. EZB und FED haben ihre Leitzinsen kräftig erhöht und ein Ende der Zinserhöhungsphase ist noch nicht abzusehen, auch wenn die Inflationsraten wohl zunächst einen zyklischen Höhepunkt erreicht haben dürften. Die restriktive Geldpolitik wird vor allem in der Entwicklung der Geldmengenaggregate sichtbar. Hier liegen die Wachstumsraten zum Vorjahr inzwischen auf so niedrigen Niveaus, dass der Geldbedarf der Realwirtschaft, auch mit Blick auf die noch hohen Inflationsraten, damit nicht gedeckt wird. Den Finanzmärkten fehlt es damit an freier Überschussliquidität, was sich in einzelnen Marktsegmenten als Liquiditätsmangel zeigen könnte. Für Risikoanlagen ist dies eine ungünstige Nachricht.

Was die Aktien potentiell belastet, wirkt für die Bondmärkte mehr und mehr unterstützend. Die relativen Bewertungen, die relativen Konjunkturdifferenzen und letztlich auch die wohl in den nächsten Wochen eher zurückgehenden Inflationsraten stellen für die Anleihen ein zunehmend besseres Makroumfeld bereit. Die Makroanalyse lässt in den nächsten Monaten eine Outperformance von Anleihen gegenüber Aktien erwarten.

Für die Edelmetallmärkte ist es ebenfalls positiv, wenn der Anleihenmarkt dreht. Steigende Zinsen belasteten in den letzten Monaten die Goldentwicklung. Eine Entlastung dürfte auch umgekehrt wirken.

Einen vollständigen Report zum sentix Konjunkturindex können Sie hier abrufen

Das sentix Risikoradar (s. Grafik 1) zeigt für die meisten Aktienmärkte nur noch geringe Chancenpotentiale an. Der hohe Pessimismus, der noch Ende September den Markt stark unterstützt hat, ist inzwischen weitgehend verschwunden. Die technisch überverkaufte Marktlage ist einer leicht überkauften Lage gewichen. Lediglich die Anlegerpositionierung, die im Mittel eine defensive Ausrichtung zeigt, können die Aktien auf der Habenseite verbuchen. Eine Ausnahme stellt der chinesische Aktienmarkt dar. Hier war in den letzten Wochen eine starke Abwärtsbewegung eingetreten, welche die Stimmung gedrückt und zu einer überverkauften Situation geführt hat.

Große Chancen signalisiert das Risikoradar unverändert für die Bondmärkte. Vor allem US-Bonds stechen hervor. Alle Teilindikatoren tragen zu dieser positiven Beurteilung bei. Ebenfalls klare Signale liegen bei USD-JPY im Risikoradar vor. Es werden wie schon in den Vormonaten erhebliche Risiken für USD-JPY-Bullen angezeigt.

Unter saisonalen Aspekten hat die beste Zeit des Jahres für den Aktienmarkt begonnen. Die Periode November-April ist im Durchschnitt für Aktienanleger deutlich profitabler als die Periode Mai-Oktober. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr am 8. November die Zwischenwahl zum US-Kongress sind. Dieser Wahltermine stellt gemäß dem US-Präsidentschaftszyklus, einem der wichtigsten Aktienmarktzyklen überhaupt, einen positiven Katalysator für den US-Aktienmarkt dar. In den letzten drei Wochen war dies bereits zu spüren. Die saisonalen Vorzeichen könnten demnach für Aktien kaum besser sein.

Eine Einschränkung gilt es hier aber zu machen. 2022 ist ein Krisenjahr mit teils deutlichen Kursverlusten. Schaut man in die Kapitalmarkthistorie und sucht nach Jahren, die in der absoluten Performance wie auch in der Korrelation zu diesem Jahr vergleichbar sind, dann fällt auf, dass in den in Frage kommenden Jahren die Jahresendrallye überwiegend ausgeblieben ist und eher eine volatile Seitwärtsentwicklung vorherrschend war.

Für Bonds ist vor allem der November oft ein guter Monat, während der Dezember "mixed" ist. Bei Edelmetallen sind die beiden letzten Monate des Jahres saisonal uneinheitlich, die ersten beiden Monate des neuen Jahres dagegen meist sehr freundlich.

Taktische Signale

Über das Sentiment und den Strategischen Bias erhalten wir kurzfristige Signale für die Märkte. Diese decken einen Prognosezeitraum von 6-12 Wochen ab und werden modell-orientiert bewertet.

Die Entwicklung im Strategischen Bias bleibt bei Aktien und Anleihen auffällig. Bei Aktien ist trotz der Kursverluste kein wirklicher Anstieg im Grundvertrauen der Anleger feststellbar. Die Ursache ist relativ einfach zu ermitteln und liegt in dem starken Zinsanstieg begründet. Während sich durch die Kursrückgänge die Dividendenrenditen kaum verbessert haben und die zukünftigen Gewinne aufgrund der unsicheren Wirtschaftslage zudem als unsicher zu bezeichnen sind, sind die Anleihezinsen kräftig gestiegen. Nach unserem vereinfachten Bewertungsmodell, welches Zinsen und Dividenden in einen direkten Zusammenhang stellen, sind Aktien trotz der Kursverluste relativ zu Bonds teurer geworden.

Auch die von sentix befragten Anleger sehen dies inzwischen so. So ist im Gegensatz zu den Aktien das strategische Grundvertrauen der Anleger zu Bonds deutlich gestiegen und erstmals seit 2008 wieder mehrheitlich positiv. Relativ zu Aktien hat sich der Strategische Bias außergewöhnlich deutlich zu Gunsten der Bonds entwickelt. Entsprechend unterstützen unsere Modelle eine hohe Duration in unserem Bondportfolio, während die Aktienmodelle insgesamt neutral zu werten sind.

Bei Edelmetallen erhalten wir positive Modellsignale, bei Silber etwas stärker als bei Gold. Im Währungsbereich signalisieren die Modelle eine Erholung des Euro und des Japanischen Yen, jeweils gegen den US-Dollar.

Zusammenfassung

Zum Start in die Jahresschlussphase signalisieren uns die Aktienmodelle noch gewisse taktische Chancen, jedoch keine wirklich bullische Signallage. Am ehesten ist eine moderat positive, aber volatile Schlussphase zu erwarten. Bei Anleihen und Edelmetallen bleiben wir dagegen weiter offensiv investiert.

"Bonds und Edelmetalle bleiben in unserem Mischfonds hoch gewichtet", Patrick Hussy (sentix) Click to Tweet

 

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