Strategie September 2020
Die Aktienmärkte haben die saisonal schwierige Sommerphase bislang gut überstanden. Noch immer wirkt der chronische Pessimismus als "Mauer der Angst" unterstützend. Und auch die wirtschaftliche Erholung, die dem 2009er Pfad bislang folgt, treibt die Kurserholung. Doch die schwierige Sommerperiode ist noch nicht beendet.
"Summer blues"
Das typische, saisonale Muster an den europäischen Aktienmärkten zeigt im Durchschnitt der letzten 30 Jahre eine Tendenz zu sinkenden Kursen in den Monaten August bis Mitte Oktober. Das sehr dominante Kursmuster gliedert sich dabei in zwei Perioden. Die erste umfasst den Monat August. Die zweite die Periode von Mitte September bis Mitte Oktober. In beiden Perioden ist die Kurserwartung negativ. Die erste Periode zeichnet sich jedoch meist durch eine größere Volatilität aus, während in der zweiten Periode die Wahrscheinlichkeit für sinkende Kurse höher ist.
Warum ist das bedeutsam? Weil die erste Periode erwartungsgemäß in diesem Jahr keinen Schwächeanfall an den Aktienmärkten brachte. Das Saisonmuster war nicht stark genug, den Anstieg der Kurse an der von uns beschriebenen "wall of worry", der "Mauer der Angst", zu verhindern. Denn obwohl der deutsche Aktienmarkt seit Mitte März um rund 60% angestiegen ist, stellt sich einfach keine gute Stimmung ein. Zudem unterschätzen die Anleger die Parallelen in der Konjunkturentwicklung zwischen 2020 und 2009. Das haben wir im Vormonat an gleicher Stelle ausführlich dargelegt.
Die zweite Phase der Sommer-Saisonalität ist aber von anderer Qualität. Sie ist nicht unbedingt so ungestüm wie der August, dafür hat sie eine höhere statistische Signifikanz. Mit anderen Worten: die Gründe, nicht zu korrigieren, müssen gewichtiger sein als Ende Juli. Das schauen wir uns nun an.
Die Mauer der Angst hat Löcher
Tatsächlich hat sich am Grundbefund auf den ersten Blick nur wenig geändert. Noch immer messen wir einen leichten Bärenüberhang im Sentiment. Dieser ist zwar etwas kleiner geworden, aber noch immer reiben wir uns die Augen, dass die großen Kursgewinne der letzten Monate zu keinem Zeitpunkt zu einer positiven Gesamtmarktstimmung geführt haben. Dies ist für den weiteren Jahresverlauf eine eher positive Nachricht.
Der Befund stimmt in dieser Form jedoch nicht für alle Marktsegmente. In einzelnen Bereichen stellen wir sehr wohl einen gefährlichen Sinneswandel fest. Da wären zunächst die US-Aktienmärkte zu nennen, die von Rekordhoch zu Rekordhoch eilen. Getrieben von der außergewöhnlichen Kursentwicklung der Internet-Giganten wie Apple und Amazon, aber auch Zukunftswerten wie Tesla springen in unserem Risikoradar für US-Aktien und US-Technologiewerte die Ampeln auf rot. Der Teilindex "Abweichung vom Durchschnitt" (Grafik links) erreicht sogar ein Allzeit-Hoch. Mit anderen Worten: diese Märkte sind gefährlich überreizt.
Dann wäre da unser eigener Risikoaversionsindex (siehe Grafik rechts). Auch dieser ist in den letzten Wochen deutlich angestiegen und zeigt eine zunehmende Risikofreude der Anleger. Diese rührt auch von einer Vorliebe für "Growth"-Aktien, also den oben bereits erwähnten Technologie-Titeln, und Pharma- und Biotech-Aktien, denen man in der Corona-Krise gute Geschäfte zutraut.
Beide Trends erscheinen zu sehr im Bewusstsein der Anleger - und damit auch in den Depots! - vertreten zu sein. Die Mauer der Angst hat an diesen Stellen Löcher, durch die sich die saisonale Schwäche-Periode Teil 2 hindurchzwängen dürfte. Für die nächsten Wochen ist damit eine defensivere Gangart angelegt, bei der die Hauptrisiken von der stark überkauften und überhypten Lage bei den Tech-Aktien ausgehen.
Inflationsgefahren schleichen sich an
Zu den Bonds können wir uns ähnlich kurz fassen wie schon in den letzten Monaten. Wir sehen Anleihen nicht als interessanten Portfoliobestandteil. Die Verzinsung stimmt nicht. In einer Phase der konjunkturellen Erholung braucht man sie auch nicht. Und zudem verschlechtert sich das Inflationsumfeld, langsam aber stetig.
Der abschließende Blick auf Wähungen und Gold
Die Euro-Rallye gegenüber dem US-Dollar dürfte zunächst ihr Ende gefunden haben. Zu deutlich sind die Portfolien pro Euro inzwischen ausgerichtet. Eine Konsolidierung sollte hier nicht überraschen. Anders das Gold: die Positionierungen der Anleger erscheinen hier nicht überreizt, das Grundvertrauen bleibt stabil und damit die positiven Diversifikationseigenschaften erhalten, die dem Gold unseres Erachtens einen Platz im Portfolio klar zuweisen.
Wie sich unsere Fonds in diesem Umfeld positionieren und wie die Entwicklung im abgelaufenen Monat war, erfahren Sie je nach Fonds hier: